Entstehung des Armenienprojekts

Ein eigenes Projekt, in dem sich unsere Schule auf der Grundlage christlicher Werte für die nachhaltige Förderung von hilfsbedürftigen Kindern in einem Land einsetzt, das nicht im Fokus der bekannten Hilfswerke liegt.

Dieser Wunsch von Schulleitung und Schulseelsorger war 2001 der Ausgangspunkt für die Suche nach einem geeigneten Schulprojekt. Durch ein Renovabisprojekt, der Neubau der Tscharenzschule in Gyumri, fiel die Wahl schließlich auf das Land Armenien, weil sich das Land schon sehr früh zum Christentum bekannte. Umgeben von muslimisch geprägten Staaten hielt es auch im Genozid von 1915 an diesem Bekenntnis fest. Die Mitschuld des preußischen Militärs am Völkermord an den Armeniern war ein weiteres Argument für das Projektland Armenien wie auch die Tragödie des großen Erdbebens von 1988, das gerade die Region um Gyumri ganz besonders hart getroffen hatte.
Wir haben dann durch Kontakte zur Armenische Caritas festgelegt, entlegene armenische Dorfschulen zu unterstützen, die sonst keine Möglichkeit haben, ihre vom Erdbeben oder durch die harte Witterung geschädigten Schulen zu reparieren. Hierzu wurden elf Schulen in den Regionen Shirak und Gegharkunig ausgewählt, die durch das Erdbeben oder durch den Krieg mit dem Nachbarn Aserbaidschan dringend Hilfe nötig hatten. Unser Projekt hat bei der Armenischen Caritas dann später den Namen „German Friendship“ bekommen. Zur Absicherung der Projektförderungen wurde Caritas International in Freiburg mit einbezogen.
Bei der ersten Projektreise im September 2002 zur direkten Erkundung der Situation dieser Schulen und zur persönlichen Kontaktaufnahme mit der Caritas in Gyumri wurden auch Schulpartnerschaften mit der Tscharenzschule in Gyumri und mit der Mesrop-Maschtoz-Schule in Yerevan vereinbart, damit direkte Kontakte zwischen Jugendlichen beider Kulturen möglich werden.
Seither sind wir siebenmal mit gemischten Gruppen (Schüler, Eltern und Lehrer) nach Armenien gereist und haben neben den Projekten auch das Land, viele Menschen und ihre Kultur kennen gelernt. Die Übernachtungen erfolgen privat in Familien. Die Kosten der Reise tragen die Reisenden selber. Hierzu werden keine Spendengelder verwendet. Die letzte 14tägige Armenienreise (Herbst 2016) kostete sieben Schülerinnen und Schüler jeweils 430 EUR. Davon betrugen alleine die Flugkosten 367 EUR.
Die Finanzierung unserer Caritasprojekte und die Finanzierung der Bonn-Besuche armenischer Schülerinnen und Schüler wurden seit 2002 durch die Veranstaltung von jährlichen Minimarathonläufen der gesamten Schule ermöglicht, bei denen die Schülerinnen und Schüler für ihren Lauf Sponsoren ihres privaten Umfelds suchen. Beim ersten Minimarathon kamen etwas mehr als 7.300 EUR zusammen. Beim bisher erfolgreichsten Minimarathon waren es etwa 23.000 EUR.
In 16 Jahren hat unsere Schule mehr als 250.000 EUR für Armenien gespendet.

Entwicklungsschritte

Die Caritasprojekte

In den ersten Jahren wurden Computer, Videorecorder und Unterrichtsmaterialien für viele Schulen angeschafft. Auf Empfehlung unserer Projektmanagerin von „German Friendship“ bei der Armenischen Caritas, Frau Anahit Gevorgyan, wurden die umfangreicher werdenden Mittel dann genutzt, um Baumaßnahmen an Schulen zu realisieren. Dabei waren die Nachhaltigkeit der Hilfe und die Unterstützung der Selbstverantwortung der Schulgemeinde die entscheidenden Kriterien bei der Auswahl der Projekte. Die zunehmende Migration gefährdet heute Dorfschulprojekte, weil immer mehr Schulen geschlossen werden müssen. Beim letzten Besuch 2012 haben wir mit der Caritas Armeniens vereinbart, dass die Caritas bei der Auswahl der Projekte auch die Zukunftssicherheit der Projekte bei der Auswahl berücksichtigt. Die Caritas in Gyumri ist für uns ein sehr zuverlässiger Partner.

Nachdem wir 2006 Containerfamilien in Gyumri besucht hatten, die seit dem Erdbeben oder seit dem Krieg mit Aserbaidschan in selbstgebastelten Notunterkünften unter extremen Bedingungen leben müssen, unterstützen wir trotz fehlender Nachhaltigkeit dieser Maßnahme jedes Jahr Familien, die Hilfe besonders nötig haben. Im Jahr 2012 waren es 55 Familien aus verschiedenen Containervierteln von Gyumri, die von Sozialarbeitern des Caritasprojekts „Little Prince“ betreut werden. Diese Familien erhielten von uns ein speziell hierfür zusammen gestelltes Lebensmittelpaket.

Die Schulpartnerschaften

Die Familien der Mesrop-Maschtoz-Schule konnten die Reisen aus eigenen Mitteln bezahlen. Es zeigte sich aber, dass die Glaubwürdigkeit unseres Sozialprojekts bei unseren Schülerinnen und Schülern, Eltern und Lehrkräften durch die vier Besuche sehr reicher armenischer Schülerinnen und Schüler und deren Anspruchsdenken zunehmend gefährdet wurde. Aus diesem Grund haben wir die Schulpartnerschaft mit der MesropMaschtoz-Schule 2008 beendet. Die Schule sucht seitdem vergeblich eine deutsche Partnerschule.
Schülergruppen der Tscharenzschule können zu uns nur eingeladen werden, wenn die gesamten Reisekosten von uns und dem PAD getragen werden. Die Kontakte zu Schülern und Familien der Tscharenzschule in Gyumri entwickeln sich aber erfreulich, weil das Netz persönlicher Kontakte immer größer wird. Allerdings wurden die Schülereinladungen auf armenischer Seite allein vom Schulleiter gesteuert. Um hier unabhängig zu werden, laden wir nun alle zwei Jahre über das Goetheinstitut Tiflis alle Deutsch lernenden Schülerinnen und Schüler der Region Shirak ein, sich mit einem persönlichen Schreiben an uns/Frau Kramer (Goethe-Institut) um eine dreiwöchige Sprachförderungan unserer Schule zu bewerben. Die Auswahl der Schülerinnen und Schüler erfolgt in Absprache und mit Hilfe des Goethe-Instituts wie auch die Einladung der begleitenden Lehrkraft.
2009 wurde die Tscharenzschule durch eine Schulreform zur Mittelschule und hat nun keine Oberstufenschüler mehr. Diese gehen nun zur benachbarten Toumanyanoberschule, auf die wir die Schulpartnerschaft mit Zustimmung des PAD ausgeweitet haben, weil wir deutschlandweit die einzige Schule mit einer längeren armenischen Schulpartnerschaft sind. Beide Schulen sind aufeinander angewiesen, weil einerseits die Tscharenzschule in Gyumri als „deutsche Schule“ gilt und andererseits die Toumanyanoberschule darauf angewiesen ist, die Schülerinnen und Schüler der Tscharenzschule zu übernehmen, um ihre Deutschklassen zu füllen.
Wegen der bestehenden Schulpartnerschaft wurde die Toumanyanoberschule bei unserem Besuch im Oktober 2010 PASCH-Schule und bekam zudem als „Fit-Schule“ einen Kooperationsvertrag mit dem Goethe-Institut Tiblissi. Um die Kooperation der beiden Schulen zu stärken, fördern wir seit 2010 den Deutschunterricht an der Tscharenzschule durch die Finanzierung von Unterrichtsmaterialien und demnächst auch durch fünf zusätzliche Deutschstunden pro Woche (500 EUR/Jahr). Auf Antrag der Deutschlehrer geben wir auch einen Zuschuss zu den relativ hohen Prüfungsgebühren des Goethe-Instituts für die höheren Deutschzertifikate.
Seit 2004 haben 40 ehemalige Schüler der Tscharenz- bzw. Toumanyanschule an den Universitäten in Gyumri oder Yerevan ein Germanistikstudium aufgenommen. Die ehemalige Schülerin Ani Matevosyan arbeitet heute als erfolgreiche Journalistin europaweit. Die ehemalige Schülerin Tatev Hovhannisyan hat 2012 die Geschäftsleitung eines neuen Sprachlernzentrums in Yerevan übernommen. Ani und Tatev waren 2004 beim ersten Besuch der Tscharenzschule in Bonn dabei gewesen.
Dies ist nur ein Beleg für den Stellenwert des Projekts und die damit verbundene Motivierung bei den
teilnehmenden armenischen Schülern.

Ziele des Projekts

Unsere Schülerinnen und Schüler...

  • setzen sich solidarisch für notleidende Kinder in Armenien ein
  • verbessern ihre Fähigkeit zur Empathie als Grundlage eines sozialen Engagements
  • erfahren konkret die Umsetzung von „Für die Menschen bestellt“ (Weihespruch Kardinal Frings)
  • erleben einfache Lebens- und Wohnsituationen in einem anderen Kulturkreis
  • lernen unserer westlichen Ansprüche auf ein Leben im Luxus und Bequemlichkeit zu relativieren
  • erleben die extreme Kluft zwischen Arm und Reich, Hinterland und Hauptstadt eines Entwicklungslands
  • lernen lokale und internationale Missstände bewusster wahrzunehmen
  • stärken ihre interkulturelle Kompetenz bei gegenseitigen Besuchen in Gyumri/Bonn
  • lernen demokratische Entscheidungsprozesse kennen durch kooperative Projektfindung in Armenien
  • erfahren die Umsetzung eine „Partnerschaft auf Augenhöhe“ durch direkte Begegnungen in Containerfamilien und Dorfschulen sowie in  Schulen und Familien  in Gyumri
  • erleben zusammen mit Eltern und Lehrerinnen und Lehrern bei Armenienreisen eine intensive Kooperation und gewinnen dabei eine tiefere Gemeinschaft, als dies im sonstigen Schulalltag möglich ist

 

Armenische Schülerinnen und Schüler...

  • erleben, dass sich durch Schaffung besserer Lernbedingungen an Dorfschulen Zukunftsperspektiven eröffnen
  • sehen durch Förderung des Deutschunterrichts an der Tscharenzschule Zukunftschancen
  • erfahren die Vermittlung von Kontakten zu deutschen Familien - auch für längere Beziehungen
  • werden befähigt, mögliche Perspektive zu erkennen und zu eröffnen, um ihr Leben aktiver mitzugestalten
  • werden für die Not von armenischen Familien in Notunterkünften Gyumris sensibilisiert

Projektbezogene Zusammenarbeit

Mit den folgenden Organisationen arbeiten wir projektbezogen organisatorisch zusammen:

  • Armenian Caritas, Gyumri, Armenien, Frau Anahit Gevorgyan, Programmanagerin „German Friendship“
  • Frau Hasmik Sargsyan, Programmanagerin „Little Prince“
  • Armenisch Apostolische Gemeinde Köln, Erzbischof Bekdijan
  • Our Lady of Armenia Boghossian Educational Center, Gyumri Ani District, Sister Arousiag
  • Caritas International, Freiburg, Herr Gernot Krauss
  • Goethe-Institut Tiblissi, Büro Yerevan, Frau Julia Kramer, Fachberaterin für Deutschunterricht in Armenien
  • Pädagogischer Austauschdienst (PAD) der Kultusministerkonferenz der Länder…, Bonn, Herr Sebastian Jank
  • Renovabis e.V., Freising, Herr Thomas Müller-Boehr (Partnerschaften)
  • Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“; EUROPEANS FOR PEACE, Frau Katharina Dietrich, Berlin

 

verantwortliche Koordinatoren: Markus Isajiw, Werner Blume

weitere Betreuer_in: Achim Weiffen, Brunhilde und Wolfgang Hoermann